Herr Swallow besitzt über 30 Jahre Erfahrung auf Direktorenebene in den Bereichen Groß- und Einzelhandel, Logistik, IT und Betrieb. Außerdem ist Herr Swallow ein strategischer Berater für Neugeschäfte in Einzelhandels- und POS-Anlagen weltweit. Ein ehemaliger Geschäftsführer eines der größten britischen Point-Of-Sale-Unternehmen und zuvor IT-Direktor für Nisa Retail.
Seit über 140 Jahren dominiert die Registrierkasse das Einkaufserlebnis im Laden. 1879 in Ohio, USA, erfunden, um Verkäufe aufzuzeichnen und abzugleichen, ist die „Kasse“, wie sie bekannt wurde, seitdem eine dominierende Einrichtung im Einzelhandelsumfeld weltweit. Bis jetzt.
Es besteht kein Zweifel, dass es lange gedauert hat und in vielerlei Hinsicht ist es außergewöhnlich, dass wir etwas so Kompliziertes so lange akzeptiert haben. Stellen Sie sich vor Ihren Kunden im Jahr 2022 vorzuschlagen, den Warenkorb zu füllen, sich anzustellen, um ihn wieder auszupacken, alles von einem Ladenmitarbeiter scannen zu lassen, danach zu bezahlen, eine physische Kundenkarte vorzulegen und die Artikel wieder einzupacken, bevor der Kunde das Geschäft wieder verlassen kann! Wenn wir noch einen Schritt weiter gehen, schreiben viele von uns eine Einkaufsliste auf und navigieren durch Geschäfte mit einem Stück Papier oder einer Notiz auf dem Smartphone. Im Zeitalter von 5G, automatisierten Fahrzeugen, kommerzieller Raumfahrt und einer blühenden E-Commerce-Infrastruktur ist es außergewöhnlich, dass der Einzelhandel so altmodisch und disconnected bleibt.
Obwohl der Markt vor einiger Zeit reif und bereit für innovative Veränderungen war, mit bahnbrechenden Technologien wie Amazon (Just Walk Out) und Ubamarket (Scan, Pay, Go), dauerte es bis 2019, dass Innovationen richtig Fahrt aufnahmen – auch durch das Aufkommen von COVID- 19. Tatsächlich hatte die Pandemie drei unterschiedliche Auswirkungen auf Innovationen im Handel. Erstens zwang es die Verbraucher über Generationen hinweg, Technologie im Alltag schnell und universell anzunehmen.
Zweitens wandten sich die Kunden zunehmend dem E-Commerce zu und besuchten kleinere, lokale Convenience-Stores für Impulskäufe, Aufstockung und Notkäufe. Während sie sich in diesen Geschäften aufhielten, gewöhnten sich die Kunden auch an die soziale Distanzierung und wurden sich zunehmend bewusst, nichts vor dem Kauf anfassen zu wollen – und dazu gehörten auch die Bildschirme der Selbstbedienungskassen. Drittens belasten mehrfache Lockdowns sowie Lager- und Personalengpässe den Einzelhandel bis heute enorm.
Aus all diesen Gründen schien eine benutzerfreundliche, zuverlässige, erschwingliche und skalierbare technologische Omnichannel-Lösung die Antwort auf alle oben genannten Probleme zu sein.
Aber ist das wirklich so und gibt es überhaupt eine echte Omnichannel-Lösung?
Optimierungsmöglichkeiten
Was ist in einer längst überfälligen Ära der Innovation die beste Lösung und welche Optionen stehen Händlern und ihren Kunden derzeit zur Verfügung? Was passiert mit bestehender Hardware und Legacy-Systemen und wie gestalten Einzelhändler den Übergang? Ist ein hybrider Ansatz der praktischste und übergangsfähigste Weg in die Zukunft? Wie können Einzelhandelskonzerne In-Store-Aktivitäten mit E-Commerce kombinieren und wie steht es mit der Loyalität? Ist Loyalität in einer schnelllebigen, automatisierten Welt überhaupt relevant oder sollten KI- und ML-Algorithmen sie ersetzen? Und was ist mit Click & Collect und Lieferung nach Hause? Das sind alles entscheidende Fragen. E-Commerce hat in vielerlei Hinsicht die Art und Weise beeinflusst, wie wir sowohl im Geschäft als auch online einkaufen. Es hat uns sicherlich ungeduldiger und weniger tolerant gemacht, wenn es darum geht in einer Schlange anzustehen, nach Artikeln zu suchen, die womöglich gar nicht vorhanden sind, Produkte nur zum Bezahlen aus- und einpacken, stöbern nach Kunden- und Zahlungskarten, gekrönt von einem deutlichen Mangel an automatisierter Personalisierung.
Consumer Journeys im Laden nebenan und im E-Commerce haben beide ihre individuellen Vorteile. Im Geschäft kann es schneller, viel bequemer, sowie angenehmer und inspirierender sein (mit einer Liste in den örtlichen Laden zu gehen und die Möglichkeit zu haben einen Impulskauf zu tätigen und natürlich Artikel sofort mitzunehmen, ist oft viel besser als online zu bestellen und einen Tag oder länger zu warten. Eingeschlossen das Risiko mehrerer "Ersatz"- oder sogar fehlender Artikel. Doch es gibt auch viele uralte Frustrationen im Geschäft.
Stellen Sie sich eine Welt vor, in der Sie das Haus mit Ihrem Telefon verlassen und in der Lage sind, durch das gesamte End-to-End-Einkaufserlebnis zu navigieren, ohne irgendetwas oder jemanden berühren zu müssen. Erstellen Sie Ihre Einkaufsliste, navigieren Sie durch den Laden, scannen Sie Ihre Artikel, erhalten Sie personalisierte Angebote und Produktinformationen. Automatische Überprüfung Ihres Alters für eingeschränkte Artikel, erhalten Sie Treuepunkte und lassen Sie sich die Gesamtsumme Ihrer Ausgaben anzeigen. Packen sie Ihre Einkäufe nebenbei ein und bezahlen Sie ganz ohne lästige Warteschlange. Für Einzelhändler reduziert es die Gesamtkosten, erhöht die Warenkorbgröße und verringert die Abhängigkeit von teurer Hardware und damit verbundenen Altlasten. Die gute Nachricht ist, dass dies nicht nur möglich, sondern auch verfügbar und erschwinglich ist.
In den letzten Jahren können die führenden und praktischsten Lösungen in drei verschiedene Kategorien unterteilt werden. Just Walk Out (JWO), Scan-Pay-Go (SPG) und verbesserte Self-Checkouts (SCO), einschließlich Variationen wie integrierte SCOs mit Einkaufswagen (derzeit von Kroger getestet) und Basket-Scan-Checkout (derzeit Pionierarbeit von Uniqlo).
Amazon Go ist eindeutig die bekannteste, bahnbrechendste Marke für JWO-Technologie, nachdem 2018 der erste Concept Store in Seattle eröffnet hat (und jetzt mit Sainsbury's für einen Trail Store in London gemeinsame Sache macht), aber andere wie Tesco (in Partnerschaft mit Trigo) und Aldi testen nun alternative Versionen über verschiedene Fachhändler. Dies ist zwar hochinnovativ, aber auch sehr teuer, da es sich auf ein hohes Maß an physischer, hardwarebasierter technologischer Infrastruktur (Kameras, Regalsensoren, Eingangstore usw.) stützt und auch durch die begrenzte Anzahl von Produkten (SKUs) eingeschränkt ist. Interessanterweise verlässt sich die JWO-Technologie immer noch darauf, dass der Einzelhändler eine App als kundenorientierten Registrierungs-, Ladenzugangs- und Zahlungsmechanismus besitzt und diese oft dem Einzelhändler überlassen wird, um diese unabhängig zu erstellen oder zu beschaffen.
Andere JWO-Systeme leiden derzeit unter den gleichen Herausforderungen und es gibt auch gelegentliche Ungenauigkeiten an der Kasse, wodurch Artikel ausgelassen werden. Die Altersüberprüfung muss natürlich auch manuell durchgeführt werden. Kunden werden zu Stoßzeiten auch oft mehrere Stunden später belastet, so dass es eindeutig ein langer Weg ist, bis JWO mehr zum Mainstream wird, was in irgendeiner Form zwangsläufig passieren wird. Derzeit wird die JWO-Technologie am häufigsten in geschlossenen, eigenständigen Verkaufseinheiten oder Kiosken eingesetzt, da dies eine einfach zu verwaltende Umgebung darstellt.
SPG ist eine andere Geschichte und entwickelt sich rasant und taucht in immer mehr Geschäften mit unterschiedlichem Funktionsumfang und sehr unterschiedlichem Erfolg auf. Einige der größeren Einzelhändler haben versucht, ihre eigenen zu erstellen – Sainsbury’s ist das bekannteste und erfolgreichste, aber auch Waitrose, Asda, M&S und Lidl sind alle auf den Zug aufgesprungen. Aber sind die erstellten Systeme gut genug und tun sie das, was sie vorgeben zu tun?
Die grundlegende Herausforderung bei der SPG-Technologie besteht darin, dass sie vollständig in das POS-System des Geschäfts integriert werden muss. Das ist nicht unbedingt eine einfache Aufgabe. Systeme, die versuchen, den POS zu „umgehen“ oder sich auf eine „teilweise Integration“ verlassen, verursachen am Ende alle Arten von Bestandsabgleichen oder Echtzeit-Preisfehlern. Daher ist es so wichtig, einen erfahrenen technischen Partner zu haben, der berät und sowohl die Integration als auch die laufenden Betriebsaspekte der Lösung überwacht. Darüber hinaus gibt es ein Minenfeld von Feinheiten, die bei Angeboten, Mehrfachkäufen, Treuepreisen, reduzierten Verkaufspreisen, losen Artikeln, Delikatessenprodukten usw. berücksichtigt werden müssen. Außerdem, wenn eine App auf eine „Live-Suche“ angewiesen ist während ein Artikel gescannt wird (wie bei der M&S-App), ist es einfach zu langsam und frustrierend für Kunden, sich daran zu halten. Natürlich muss der Scanner selbst schnell, genau und einigermaßen fehlerverzeihend sein, darf aber nicht zu empfindlich sein, da niemand versehentlich zusätzliche Artikel scannen möchten. Dies sind alles Dinge, die berücksichtigt werden müssen. Sie werden feststellen, dass Einzelhändler, die versucht haben, ihre eigenen SPG-Lösungen zu entwickeln, an vielen dieser Probleme scheitern und in einem endlosen, unverhältnismäßig teuren Entwicklungszyklus enden. Die größte Herausforderung bei jeder neuen Technologie ist jedoch die Akzeptanz. Denken Sie daran, dass das traditionelle Kassen- und Warteschlangensystem seit über 140 Jahren existiert, also bricht es mit der Gewohnheit mehrerer Generationen, was eine Herausforderung darstellt, wie gut Ihre Technologie auch sein mag. Selbstbedienungskassen litten unter den gleichen Herausforderungen und tun dies bis zu einem gewissen Grad auch heute noch. Ihr größter Fehler ist die Tatsache, dass der gesamte Scanvorgang am Ende beginnt und nicht schrittweise während des Einkaufs, was ihn nicht viel schneller oder einfacher macht als den Besuch einer traditionellen Kasse. Und natürlich können zu Stoßzeiten auch bei Selbstbedienungskassen Warteschlangen auftreten.
Click & Collect hat sich während der Pandemie für viele Einzelhändler, insbesondere Convenience Stores, sicherlich als „Quick Win“ erwiesen. Verschiedene Drittanbieter wie Snappy Shopper (native App) und Appy Shop (Web-App) waren in der Lage, schnell eine Lösung bereitzustellen, welche obwohl nicht immer in den POS integriert, es Einzelhändlern ermöglichte in einer hybriden technologiebasierten/manuellen Kapazität zu handeln. Bestellungen, die über die App eingehen und Geschäfte, die diese Bestellungen außerhalb der von der Lösung bereitgestellten technologischen Infrastruktur verwalten. Als nächsten Schritt haben sich Rapid-Delivery-Apps wie Instacart, GoPuff, Gorillas und Doordash auf die einstündige Lieferung ins Stadtzentrum (oder auf den Universitätscampus) spezialisiert und beziehen ihre Produkte aus teilnehmenden lokalen Geschäften. Ein potenzieller Nachteil dieser Quick-Fix-Lösung ist, dass diese (außerordentlich hochgeschätzten) Drittanbieter-Apps technisch Kundendaten sammeln und diese dann theoretisch in Zukunft direkt bedienen könnten - ähnlich wie bei Ocado. Es bleibt also die Wahl zwischen schnellem Outsourcing oder der Investition in die eigene Infrastruktur. Vielleicht ist es die beste Lösung beides anzubieten – eine eigene Markenlösung sowie mehrere Lösungen von Drittanbietern, um neues Business über mehrere Kanäle zu gewinnen?
Was macht eine einheitliche Omnichannel-Lösung aus?
Was ist also angesichts all dieser separaten Optionen der beste Ansatz für eine einheitliche Omnichannel-Lösung? Die Welt der Einzelhandels-Apps ist bereits stark fragmentiert, da viele Einzelhändler mehrere und verschiedene Apps für verschiedene Situationen anbieten – von Treueprogrammen über Gutscheine und Zahlungen bis hin zur Lieferung nach Hause, und keine davon ist mit In-Store-Systemen verknüpft oder sogar integriert. Das führt zwangsläufig zu Verwirrung. Eine Alles-in-einem-Lösung mit dynamischen Einkaufslisten, Orientierungshilfe, Produktscannen im Geschäft, Produktinformationen, Kundenbindung, personalisierten Angeboten und Zahlung, sowie Click & Collect und Lieferung nach Hause. Und das alles, ohne eine Kasse aufsuchen zu müssen oder beliebige Hardware zu verwenden, ist sicherlich die beste Lösung, die heute verfügbar ist. Das Geheimnis dahinter ist jedoch ein vollständig integrierter, einheitlicher Ansatz, bei dem Ladensysteme, POS und Backoffice gemeinsam in Echtzeit miteinander kommunizieren und so ein wirklich harmonisches Erlebnis für Käufer und Einzelhändler gleichermaßen schaffen. Die erforderliche Infrastruktur hinter den Kulissen ist definitiv nicht zu unterschätzen.
Nach einer Zeit des Widerstands haben sich bestimmte POS-Anbieter und Hardwarehersteller nun dem kooperativen Ansatz verschrieben und sich mit spezialisierten bevorzugten Lieferanten zusammengetan, um nahtlose Omnichannel-Lösungen für ihre Einzelhandelskunden anzubieten. Da SPG immer mehr zum Standard wird, sind Einzelhändler zunehmend führend bei der Verbraucherschnittstelle und suchen aktiv nach POS-Anbietern, die kundenorientierte Technologie bieten, um somit ihr Serviceangebot zu verbessern und zu erweitern.
Es wird immer deutlicher, dass SPG derzeit nicht nur wirtschaftlich rentabel und hocheffektiv ist, sondern sich auch zu etwas Ähnlichem wie JWO entwickelt und möglicherweise sogar den verbraucherorientierten interaktiven Einkaufslistenmechanismus für JWO bilden. Somit ist es bereits möglich eine produktive Hybridlösung zu schaffen. Das Schöne an SPG ist auf jeden Fall, dass es mit oder ohne Hardware arbeiten kann und aus diesem Grund auf absehbare Zeit eine bessere und erschwinglichere Investition darstellt. Darüber hinaus sind die von SPG-Apps abgeleiteten Verhaltensmuster von großem Wert für Einzelhändler, die Käufer vor, während und nach ihren Ladenbesuchen mit Touchpoints anziehen und belohnen möchten.
Es ist wichtig anzumerken, dass es vorerst noch Platz gibt für sowohl Selbstbedienungskassen als auch traditionelle Kassen. Der effektivste Ansatz bestünde darin, die Anzahl der bemannten Kassen und SCOs zu reduzieren und gleichzeitig eine End-to-End-Omnichannel-SPG-App einzuführen. Kunden sollten schrittweise von den älteren Mechanismen, zu einem weitaus informativeren, vorteilhafteren Mechanismus angewöhnt werden. Statistisch gesehen verwenden 75 % der SPG-App-Nutzer diese erneut. Diese Zahl wird mit zunehmender Verbreitung des Verfahrens noch eindeutig steigen (Ubamarket 2021). Ein weiterer Vorteil von SPG ist, dass es problemlos mit bestehenden Ladensystemen koexistieren und zusammenarbeiten kann.
Abschließende Gedanken
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir vor der Pandemie oft von den „Läden der Zukunft“ sprachen, und sind jetzt sehr stark in die „Technologieläden von heute“ eingetaucht. Diese Technologien werden von Tag zu Tag mehr zum neuen Standard und sind sowohl erschwinglich als auch nachweislich in der Lage Reibungspunkte für den Käufer zu beseitigen und gleichzeitig die Betriebskosten für den Einzelhändler zu senken.
Es besteht kein Zweifel, dass Geschäfte immer autonomer und datengesteuerter werden. Einzelhändler und POS-Anbieter werden zukunftssicherer, wenn sie sich dieses Konzept zu eigen machen, in dem Personalisierung und ein reibungsloses Einkaufserlebnis von Kunden zunehmend erwartet werden.
Herr Swallow besitzt über 30 Jahre Erfahrung auf Direktorenebene in den Bereichen Groß- und Einzelhandel, Logistik, IT und Betrieb. Außerdem ist Herr Swallow ein strategischer Berater für Neugeschäfte in Einzelhandels- und POS-Anlagen weltweit. Ein ehemaliger Geschäftsführer eines der größten britischen Point-Of-Sale-Unternehmen und zuvor IT-Direktor für Nisa Retail.